Training versus Coaching

Ob im beruflichen oder persönlichen Kontext – immer wieder stehen wir vor der Frage: Brauche ich ein Training oder doch eher ein Coaching? Beide Ansätze verfolgen unterschiedliche Ziele, und je nachdem, wo du gerade stehst, kann das eine oder das andere für dich sinnvoller sein. Stell dir deine persönliche Entwicklung wie ein Haus voller Türen vor. Manche Türen stehen dir bereits weit offen – hier kann Training dir helfen, schneller voranzukommen. Doch es gibt auch Türen, die verschlossen sind, sei es durch eigene Erfahrungen, Unsicherheiten oder unbewusste Blockaden. Genau an diesem Punkt kommt Coaching ins Spiel. In diesem Artikel erfährst du, worin sich Training und Coaching unterscheiden, wann welches sinnvoll ist und wo die klare Abgrenzung zur Therapie liegt.
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In der Landschaft der Persönlichkeitsentwicker*innen gibt es viel unterschiedliche Angebote. Einige werden als Training vermarktet andere als Coaching. Da stellt sie die Fragen, worin sich Training und Coaching Unterscheiden und warum du die eine oder andere Option auswählen solltest.

Mir hilft da immer das Bild von den offenen und geschlossenen Türen in einem Haus.

Training

Mit einem Training kann man bei dir nur „offene Türen einrennen“. Das kennst du vielleicht aus dem Sport: Als junger Mensch mit viel Talent (a.k.a. vielen offenen Türen) brauchen wir nur ein gutes Training. Je besser wir werden und je anspruchsvoller die Wettkämpfe sind, um so öfter stehen wir aber vor verschlossenen Türen.

Ein Training folgt immer einem bewährten Plan, der bereits vielen Menschen geholfen hat, ihr Ziel zu erreichen. Dieser Plan steht schon vor deinem Training fest und basiert auf erprobten Methoden. Möglicherweise wird er an deine individuellen Ressourcen und Ziele angepasst – beispielsweise durch Angaben, die du dem Trainer machst – dennoch ist er kein maßgeschneidertes Unikat.

Ein einfaches Beispiel:

Wenn du deinem Trainer im Fitnessstudio mitteilst, dass du zweimal pro Woche trainieren kannst und dein Fokus auf einem stärkeren, voluminöseren Po liegt, wird er dir einen Trainingsplan mit Übungen wie Rumänisches Kreuzheben (RDL), Squats und Hip Thrusts empfehlen. Warum weiß ich das? Weil diese Kombination sich in der Trainingslehre bewährt hat. Ein solcher Plan kann jeden zuverlässig auf dem Weg zu genau diesem Ziel voranbringen.

Coaching

Wenn du das Gefühl hast, es geht mit deinem Training nicht weiter, ist das der Punkt, an dem du zum ersten Mal ein Coaching brauchst, das dir offenbart, welche Türen verschlossen sind und dir hilft diese zu öffnen. Es geht darum, dass du lernst individuellen Lösungen für deine Hürden zu finden.

Heutzutage gibt es kaum noch einen erfolgreichen Athleten, der ohne Coaching auskommt. Dennoch bleiben bewährte Übungen weiterhin die Grundlage eines Trainings – sie sind die Mittel, mit denen wir ein Ziel erreichen.

Maladaptive Anpassung

Mit verschlossenen Türen ist das aber so eine Sache: Manche sind von dir nicht grundlos verschlossen worden. Ein guter Coach erkennt, ob du eine Tür aktiv verschlossen hast – eine soggenannte maladaptive Anpassung vorliegt – oder ob sie dir nur verborgen war und kann angemessen darauf reagieren.

Eine maladaptive Anpassung bezeichnet eine Reaktion oder Verhaltensweise, die sich zwar als kurzfristige Bewältigungsstrategie herausgebildet hat, langfristig jedoch negative Auswirkungen auf das Individuum oder das System hat. Statt sich positiv an eine Situation oder Umweltveränderung anzupassen, verschlechtert sich durch die maladaptive Reaktion die Fähigkeit, effektiv mit den Herausforderungen umzugehen.

Beispiele für maladaptive Anpassungen:

1. Psychologischer Bereich:

  • Jemand entwickelt in stressigen Situationen Vermeidungsverhalten, anstatt sich aktiv mit dem Problem auseinanderzusetzen. Dies kann kurzfristig Entlastung bringen, langfristig jedoch zu einer Verschlechterung der Situation führen.
  • Perfektionismus als Strategie zur Selbstwertsteigerung, der jedoch zu chronischem Stress und Erschöpfung führt.

2. Physiologischer Bereich:

  • Ein Sportler kompensiert eine Verletzung durch ungesunde Bewegungsmuster, was zu weiteren körperlichen Schäden führt.
  • Ein chronischer Schlafmangel kann dazu führen, dass der Körper sich an weniger Schlaf gewöhnt, jedoch langfristig unter Leistungs- und Gesundheitsproblemen leidet.

3. Sozialer Bereich:

  • Jemand zieht sich bei Konflikten immer mehr zurück, um kurzfristig Streit zu vermeiden, verliert dadurch aber langfristig soziale Kontakte und Unterstützung.

Warum treten maladaptive Anpassungen auf?

Maladaptive Anpassungen entstehen oft, weil kurzfristige Lösungen einfacher erscheinen oder unmittelbare Erleichterung bringen. Dabei fehlt es häufig an Bewusstsein für die langfristigen Folgen oder an geeigneten Strategien, um nachhaltige Lösungen zu entwickeln. Solche Muster sind in vielen Fällen tief verwurzelt, weil sie in der Vergangenheit geholfen haben, bestimmte Herausforderungen zu bewältigen – wie eine verschlossene Tür, die aus gutem Grund geschlossen blieb, weil die Kraft oder das Wissen fehlte, sie zu öffnen.

Ein Coach hilft dir, diese „verschlossenen Türen“ in deiner persönlichen Entwicklung zu entdecken und sie auf nachhaltige Weise zu öffnen. Denn wenn eine solche Tür erst einmal geöffnet ist, können bewährte Methoden und Entwicklungsansätze wieder effektiv wirken.

Es ist völlig normal, im Laufe der Entwicklung auf verborgene Hindernisse zu stoßen. Je weiter du in deiner Karriere oder deinem persönlichen Wachstum gekommen bist, desto mehr Türen hast du bereits erfolgreich durchschritten. Was bleibt, sind die sogenannten „blinden Flecken“ – die Bereiche, die dir bisher verborgen geblieben sind. Genau hier setzt Coaching an: Es bringt Licht ins Dunkel und ermöglicht es dir, nachhaltig zu wachsen und dein volles Potenzial auszuschöpfen.

Übersicht: Training / Coaching

Fassen wir also zusammen: Training und Coaching sind zwei verschiedene Ansätze zur persönlichen und beruflichen Entwicklung, die unterschiedliche Ziele und Methoden haben:

TrainingCoaching
ZielDas Hauptziel des Trainings ist es, spezifische Fähigkeiten, Kenntnisse oder Fertigkeiten zu vermitteln und zu verbessern. Es konzentriert sich auf die Entwicklung von praktischen Fähigkeiten und WissenCoaching konzentriert sich auf die persönliche Entwicklung und Leistungssteigerung eines Einzelnen.
Es hilft dabei, individuelle Ziele zu setzen, Hindernisse zu überwinden und das volle Potenzial zu entfalten.
MethodeIm Training werden oft strukturierte Programme, Workshops oder Kurse verwendet. Der Fokus liegt auf dem Vermitteln von Wissen und der praktischen Anwendung, oft durch Vorträge, praktische Übungen und Simulationen.Ein Coach stellt Fragen, hört aktiv zu und hilft dem Coachee (die Person, die gecoacht wird) dabei, selbst Lösungen für ihre Herausforderungen zu finden. Coaching ist dialogorientiert und interaktiv.
RolleEin Trainer ist ein Experte auf dem jeweiligen Gebiet und übermittelt das Wissen an die Teilnehmer.Ein Coach ist ein erfahrener Profi, der spezielle Techniken und Methoden anwendet, um den Coachee zu unterstützen. Der Coach gibt keine direkten Ratschläge, sondern fördert die Selbstreflexion und Selbstentdeckung des Coachee

Ein Training zielt also darauf ab, Wissen und Fähigkeiten zu vermitteln, während Coaching darauf abzielt, Menschen dabei zu helfen, ihre eigenen Antworten und Lösungen zu finden, um ihre Ziele zu erreichen und persönlich zu wachsen. Diese beiden Funktionen können selbstverständlich von der selben Person ausgeübt werden – sie müssen es aber nicht.

Abgrenzung zur Therapie – Wo endet Coaching und wo beginnt Therapie?

Nun gibt es immer wieder die Diskussion über die Unterschiede zwischen Coaching und Therapie. Tatsächlich ist es manchmal gar nicht so einfach, diese beiden Formen der Unterstützung auseinanderzuhalten. Stell dir dein Haus noch einmal vor: Coaching hilft dir, Türen zu entdecken und zu öffnen, aber es gibt Türen, die bewusst von dir verschlossen wurden – möglicherweise aus Schutz, aus Erfahrung oder aus Angst. In solchen Fällen spricht man von einer sogenannten maladaptiven Anpassung. Das bedeutet, dass du gelernt hast, mit dem, was hinter dieser Tür liegt, zu leben – vielleicht hast du dir sogar eine Stärke daraus entwickelt.

Doch genau hier liegt die Grenze: Ein Coach kann an solchen Türen rütteln, aber er sollte sich bewusst sein, dass er sich in einer Grauzone bewegt. Während Coaching dir hilft, Türen zu öffnen, bleibt die Therapie die richtige Wahl, wenn es darum geht, fest verschlossene Türen sicher zu untersuchen und aufzuarbeiten.

Die klare Trennung: Hypothesenbildung vs. Diagnose

Ein Coach arbeitet mit Hypothesen – er stellt Fragen, regt zur Selbstreflexion an und unterstützt dich dabei, deine Potenziale zu entfalten. Wenn jedoch ersichtlich wird, dass hinter einer verschlossenen Tür mehr steckt, als Coaching leisten kann, ist eine Grenze erreicht. Eine Diagnose zu stellen oder tiefgehende psychologische Probleme zu behandeln, gehört in den Bereich der Therapie.

Hier gilt ein wichtiger Grundsatz: Wer keinen Zugriff auf eigene Ressourcen hat, Schwierigkeiten in der Selbststeuerung zeigt oder bereits unter seinem Problem leidet, braucht eine therapeutische Begleitung – nicht Coaching.

Als Coach muss ich akzeptieren, wenn jemand bewusst nicht an eine verschlossene Tür gehen möchte. Das bedeutet, ich kann die Entscheidung treffen, nicht weiterzumachen – aber eine Entscheidung darf ich nicht treffen: Ich darf nicht therapieren.

Die klare Trennung besteht darin, dass Coaching helfen kann, Wege zu neuen Räumen und Möglichkeiten zu entdecken, während Therapie notwendig ist, wenn jemand erst wieder lernen muss, sich in seinem Haus sicher zu bewegen.

Wichtig:

Es ist durchaus möglich, jemanden im Bereich Führung zu coachen, obwohl er parallel mit ganz anderen Themen wie z. B. einer Essstörung zu kämpfen hat – solange das eine nicht das andere beeinflusst. Doch wenn die verschlossenen Türen die Bewegung im gesamten Haus blockieren, ist professionelle therapeutische Unterstützung der richtige Schritt.

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