In unserer Artikel-Serie über Konflikte geht es darum, besser zu verstehen, warum Menschen manchmal aneinandergeraten. Dieses Mal schauen wir uns an, wie es kommt, dass einige Leute große Probleme mit „Unklarheiten“ oder widersprüchlichen Situationen haben, während andere sie ganz locker nehmen. Als Führungskraft begegnen dir solche Konflikte ständig: Vielleicht hat dein Team ganz verschiedene Ideen, wie ein Projekt ablaufen soll, und sofort entsteht Reibung. In diesem Artikel erfährst du, was Ambiguität für deinen Führungsstil bedeutet, warum mancher damit schwer klarkommt und wie du das Wissen nutzen kannst, um Konflikte zu vermeiden oder zu lösen.
Was ist eigentlich Ambiguität?
Ambiguität bedeutet, dass etwas mehrere Bedeutungen haben kann oder nicht eindeutig ist. Stell dir vor, du bekommst eine Nachricht, in der steht: „Bin gleich da.“ Das kann heißen, dass die Person in zwei Minuten kommt – oder erst in zehn. Man weiß es nicht sicher. Diese Unklarheit nennt man Ambiguität.
Beispiel für Mehrdeutigkeit
Das Titelbild dieses Beitrags verdeutlicht diesen Umstand sehr anschaulich. Ein und dieselbe Sache kann sich für drei Personen völlig unterschiedlich darstellen – symbolisiert durch die drei Schatten an der Wand. Dennoch bleiben die Fakten – also das Objekt in der Mitte – unverändert. Wer mit Ambiguität schlecht umgehen kann, wird möglicherweise in Streit geraten und argumentieren, warum es beispielsweise kein Dreieck, sondern ein Viereck sei.
Das Objekt ist mehrdeutig, und genau das ist Ambiguität: Es gibt mehr als eine Art, etwas zu verstehen.
Unterschiedliche Wege führen zu Konflikten
1. Arbeitssozialisation – was ist das?
Sozialisation bedeutet, wie du gelernt hast zu denken und zu arbeiten. Wenn du immer gehört hast, man müsse ganz langsam und ordentlich arbeiten, dann bist du das vielleicht gewohnt. Wenn du immer erlebt hast, dass man schnell und spontan entscheidet, findest du das vermutlich normal. Trifft dann „langsam und ordentlich“ auf „schnell und spontan“, kann es krachen – beide Seiten verstehen nicht, warum die andere so handelt.
Auch die Art und weise, wie wir mit Wissen umgehen hat einen entscheidenden Einfluss auf unsere Fähigkeit zu Diskutieren anstatt zu Streiten. Hier findest du einen Artikel zu den unterschiedlichen Überzeugungssystemen.
2. Warum das in Teams zu Reibung führt
Stell dir ein Fußballteam vor, das lieber auf Ballbesitz spielt, während die gegnerische Mannschaft auf schnelle Angriffe setzt. Da gibt es sofort verschiedene Ansichten über das „beste“ Spiel. Jeder glaubt, sein Weg ist richtig, und wenn keiner bereit ist, die anderen Möglichkeiten zu sehen, entstehen Konflikte.
Als Führungskraft kannst du helfen, diese verschiedenen Herangehensweisen anzuerkennen und als Stärke zu nutzen, statt daran zu verzweifeln. Das Zauberwort dafür heißt Ambiguitätstoleranz.
Ambiguitätstoleranz: Warum wir Unklarheit unterschiedlich aushalten
1. Was ist Ambiguitätstoleranz?
Das Wort „Toleranz“ kennst du vielleicht schon: Es bedeutet, etwas „aushalten“ oder „ertragen“ zu können. Ambiguitätstoleranz heißt also, wie gut du Situationen erträgst, die nicht klar sind oder widersprüchlich wirken. Wer damit gut umgehen kann, denkt: „Na, mal schauen, wie sich das entwickelt. Ich finde schon einen Weg.“ Wer niedrigere Ambiguitätstoleranz hat, denkt eher: „Hilfe, das ist ja total unklar. Ich brauche sofort klare Regeln!“
2. Mehrdeutige Beispiele in der Welt
- Unklare Anweisungen: Du bekommst nur gesagt „Mach das irgendwie schön.“ Doch du fragst dich: „Was heißt denn ‚schön‘ genau?“
- Widersprüchliche Wünsche: Deine Eltern sagen „Sei selbstständig!“, aber wollen trotzdem alles kontrollieren, was du machst. Das ist verwirrend.
Psychologische Hintergründe: Warum ist die Toleranz bei manchen höher?
1. Selbstbewusstsein und Stressbewältigung
Wenn du ein gutes Gefühl für deine eigenen Fähigkeiten hast, wirst du weniger Angst haben, dass etwas „falsch“ läuft. So kannst du mit unklaren Situationen entspannter umgehen. Wenn du dagegen ständig an dir zweifelst, stresst dich jede Ungenauigkeit.
2. Kognitive Flexibilität
„Kognitiv“ heißt „das Denken betreffend“. Manche Menschen können leicht umdenken und verschiedene Lösungen ausprobieren. Wer flexibel im Kopf ist, sieht vielleicht nicht nur den „einen richtigen Weg“, sondern findet gleich mehrere Möglichkeiten.
3. Selbstwert als Puffer
Stell dir einen Schutzschild vor: Wenn du dich selbst magst und dir vertraust, prallen Unklarheiten eher ab. Du siehst sie sogar als Abenteuer oder Chance. Wenn dein Selbstwert gering ist, kann jede Unsicherheit eine Art Angriff auf dein Selbstgefühl sein.
Was tun, wenn geringe Ambiguitätstoleranz zu Konflikten führt?
Du merkst, dass manche Leute in deinem Team schnell gestresst sind, sobald etwas nicht 100 Prozent feststeht? Dann kannst du Folgendes versuchen:
- Erkläre den Hintergrund: Oft hilft es schon, zu sagen, warum etwas noch nicht ganz klar ist. So nimmt man der Situation den Schrecken.
- Stärke das Selbstwertgefühl: Gib positives Feedback. Zeig, dass du das Vertrauen hast, dass alles gut laufen wird.
- Gemeinsam nach Lösungen suchen: Gib den Betroffenen das Gefühl, dass sie mitgestalten können. Wer Ideen beitragen darf, fühlt sich sicherer.
- Notfalls mehr Struktur anbieten: Manche Menschen brauchen einfach etwas mehr Anleitung oder feste Schritte. Das ist okay, solange es im Team passt.
Verbindung zur Führungsarbeit und dem Konfliktthema
In unserer Serie über Konflikte haben wir gelernt, dass Menschen aus vielen Gründen streiten. Ambiguität ist dabei ein großer Faktor. Wenn du als Führungskraft siehst, dass Teams aneinandergeraten, weil einer auf Klarkeit pocht und der andere gern improvisiert, kannst du gezielt moderieren. Indem du erklärst, warum beide Ansätze wertvoll sein können, und das Selbstwertgefühl aller Beteiligten stärkst, vermeidest du viele Konflikte. Und wenn doch einer entsteht, weißt du jetzt, dass oft nur ein bisschen mehr Verständnis für die Vielseitigkeit der Situation nötig ist, um ihn zu lösen.
Fazit
Ambiguität bedeutet Mehrdeutigkeit – etwas kann verschiedene Bedeutungen oder Lösungen haben. Wer sich damit schwertut, empfindet schnell Stress und kann in Konflikte geraten. Wer dagegen gelassen bleibt und sich auf mehrere Ansätze einlassen kann, wird Unterschiede als Bereicherung sehen. Für dich als Führungskraft ist es hilfreich zu wissen, wie unterschiedlich Menschen mit Unklarheit umgehen. Das hilft nicht nur, Konflikte zu vermeiden, sondern auch, das Potenzial verschiedener Denkweisen zu nutzen. Ein starkes Selbstwertgefühl, offene Kommunikation und ein bisschen Mut zur Vielfalt können dabei wahre Wunder wirken.