Konflikte durch strukturelle oder organisatorische Entscheidungen

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Organisationen – sei es ein Unternehmen, ein Team oder eine Sportmannschaft – basieren auf Strukturen, die eigentlich Orientierung und Unterstützung bieten sollen. Doch wenn Strukturen unklar, schlecht durchdacht oder unpassend für die bestehende Kultur sind, können sie schnell zum Nährboden für Konflikte werden.

Unklare Rollen als Konfliktauslöser

Eine der häufigsten Ursachen für Konflikte in Organisationen sind unklare Rollen und Verantwortlichkeiten. Wenn nicht klar ist, wer Entscheidungen trifft oder welche Aufgaben zu welchem Verantwortungsbereich gehören, entsteht Verwirrung und Unsicherheit. Das führt unweigerlich zu Spannungen.

Beispiel: In einer Sportmannschaft stellt sich die Frage, wer die finale Entscheidung über die Taktik trifft – der Cheftrainer, der Co-Trainer oder der Sportdirektor? Wenn dies nicht eindeutig geregelt ist, entsteht Konfliktpotenzial, da verschiedene Parteien Entscheidungen treffen könnten, die sich widersprechen. Spieler verlieren dadurch Vertrauen in die Führung, und das Team wird weniger effizient.

Restrukturierung ohne Kultur-Check

Ein weiteres häufiges Problem tritt bei Restrukturierungen auf, die ohne Rücksicht auf die bestehende Unternehmenskultur durchgeführt werden. Besonders traditionsreiche Organisationen tun sich schwer, wenn sie plötzlich auf agile Systeme oder radikal andere Arbeitsweisen umgestellt werden.

Beispiel: Ein traditionsreiches Unternehmen entscheidet, auf ein agiles System mit ständig rotierenden Aufgaben und flexiblen Hierarchien umzustellen. Die Mitarbeitenden, die seit Jahren klare Rollen und feste Prozesse gewohnt sind, fühlen sich plötzlich verunsichert. Viele empfinden die Veränderung als „Vertragsbruch“ – das alte System, in dem sie sich sicher fühlten, wurde aufgegeben, ohne dass sie darauf vorbereitet wurden. Der Widerstand ist vorprogrammiert.

Die Satir-Phasen der Veränderung und Konfliktentstehung

Menschen reagieren auf unerwartete Veränderungen in Strukturen oft instinktiv mit Ablehnung. Aus ihrer Perspektive wurde die bisherige Ordnung, auf die sie sich verlassen haben, durchbrochen. Dies löst Stress und Unsicherheit aus, die sich in Konflikten äußern können.

Die Phasen der Veränderung nach Virginia Satir helfen, diese Dynamik zu verstehen:

1. Status quo

Mitarbeitende befinden sich in einer gewohnten Routine, die Stabilität und Sicherheit bietet.

Beispiel: Ein Team arbeitet seit Jahren mit klaren Hierarchien und starren Prozessen.

2. Einführung eines neuen Elements

Die Restrukturierung oder neue Organisation wird eingeführt und bringt Unsicherheit mit sich.

Beispiel: Das Unternehmen kündigt plötzlich an, dass die Hierarchien flacher werden und Entscheidungsprozesse stärker dezentralisiert werden sollen.

3. Chaosphase

Mitarbeitende fühlen sich überfordert und reagieren emotional, häufig mit Widerstand oder sogar Konflikten.

Beispiel: Das Team versteht nicht, wie die neuen Verantwortlichkeiten verteilt werden sollen, und es entstehen Spannungen, weil unklar ist, wer welche Entscheidungen treffen darf.

4. Integration und Übung

Nach anfänglichem Chaos beginnen die Betroffenen, sich an die Veränderung anzupassen und die neuen Strukturen zu akzeptieren.

Beispiel: Nach einigen Wochen wird klarer, wie die flachen Hierarchien funktionieren, und die Mitarbeitenden finden langsam ihre Rollen.

5. Neuer Status quo

Die neue Struktur wird verinnerlicht und als normal empfunden.

Beispiel: Das Team arbeitet nun effektiv in der neuen Organisation und erkennt die Vorteile der Veränderungen.

Konflikte als notwendiger Bestandteil von Change-Prozessen

Jeder Change-Prozess ist ein Garant für Konflikte. Diese Konflikte sind nicht nur unvermeidbar, sondern auch notwendig, um die Anpassung an die neuen Gegebenheiten zu ermöglichen. Durch die Auseinandersetzung mit dem Neuen und dem Widerstand der Betroffenen können Lösungen entstehen, die die Veränderung nachhaltig machen.

Doch viele Führungskräfte scheuen Konflikte – nicht zuletzt, weil diese hohe Kosten verursachen können. Laut Studien der Wirtschaftsuniversität Wien kosten ungelöste Konflikte Unternehmen durchschnittlich 10-15 % der Arbeitszeit, die in Streitigkeiten, Missverständnisse oder ineffiziente Kommunikation fließen. Schlechte Konfliktbearbeitung erhöht diese Kosten erheblich und kann langfristig die Motivation und Bindung der Mitarbeitenden gefährden.

Wenn Konfliktkosten im Change-Prozess „vergessen“ werden

Ein häufiges Problem ist, dass die potenziellen Konfliktkosten bei der Planung von Veränderungsprozessen nicht berücksichtigt werden. Um das Budget nicht zu sprengen, wird der Fokus oft allein auf die Umstrukturierung gelegt – ohne die menschlichen Faktoren einzubeziehen. Das kann dazu führen, dass Führungskräfte sich gezwungen fühlen, kritische Stimmen mundtot zu machen, um den Prozess voranzutreiben.

Was Führungskräfte tun können

1. Kommunikation als Schlüssel

Jede Veränderung muss klar, frühzeitig und umfassend kommuniziert werden. Menschen reagieren weniger ablehnend, wenn sie verstehen, warum die Veränderung notwendig ist und wie sie davon profitieren.

2. Kultur mitdenken

Veränderungen in der Struktur müssen von der bestehenden Kultur getragen werden. Wenn die Kultur die neue Struktur nicht unterstützt, ist der Widerstand vorprogrammiert.

3. Konflikte als Ressource sehen

Anstatt Konflikte zu vermeiden, sollten Führungskräfte sie nutzen, um blinde Flecken in der Planung aufzudecken. Konflikte können wertvolle Hinweise geben, wo der Prozess noch angepasst werden muss.

4. Konfliktkosten einplanen

Die Planung eines Change-Prozesses sollte immer auch Zeit und Ressourcen für Konfliktbearbeitung und Teamentwicklung vorsehen. Workshops, Feedbackrunden und Mediationsangebote können helfen, Spannungen abzubauen.

5. Empathie zeigen

Führungskräfte sollten die emotionale Belastung der Mitarbeitenden ernst nehmen. Indem sie deren Ängste und Bedenken ansprechen, können sie das Vertrauen stärken und die Akzeptanz fördern.

Fazit: Veränderung bringt Konflikte – und das ist gut so

Konflikte, die durch strukturelle oder organisatorische Entscheidungen entstehen, sind kein Zeichen von Versagen, sondern ein natürlicher Bestandteil von Veränderung. Richtig angegangen, können sie dazu beitragen, Prozesse zu optimieren, blinde Flecken aufzudecken und das Team langfristig zu stärken. Wer Konflikte als Ressource statt als Hindernis sieht, schafft die Grundlage für erfolgreiche Transformationen – sowohl für die Organisation als auch für die Menschen, die sie prägen.

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